400-990-2390
Im Juli 2014 starb Harun Farocki – ein Regisseur, dessen scharfsinnige Filmessays die neue Medienwelt analysierten. Mit radikalem Blick versuchte er, den Bildern ihren Eigensinn wiederzugeben, ihre politischen und kulturellen Codierungen freizulegen.
Die Einstellung ist die Einstellung – über vier Jahrzehnte hinweg hat der Filmemacher, Essayist, Medienkünstler und Medientheoretiker Harun Farocki diese Maxime mit seinen Filmen in die Praxis umgesetzt und in der deutschen Kinolandschaft ein monolithisches Werk geschaffen. Mit seinem minimalistischen und zugleich realistischen Stil zählte er zu den profiliertesten Dokumentarfilmern seiner Generation. Der Bildausschnitt, die Position der Kamera, erzählen bei ihm tatsächlich von einer politischen Einstellung oder auch Haltung zur Welt. Da sich diese Welt für Farocki zunehmend in eine mediale verwandelte, eine Welt, die mit Bildern repräsentiert, Macht konstruiert und dekonstruiert, wurde das Sehen selbst sein großes Thema. Oder um den Bilderforscher und -phänomenologen selbst zu zitieren: „Man muss keine neuen Bilder suchen, aber man muss die vorhandenen Bilder in einer Weise bearbeiten, dass sie neu werden.“
Was sah Harun Farocki also, was uns entgeht? Und wie führte er uns das übersehene und Ungesehene vor Augen? Schaut man sich seinen 1996 entstandenen Dokumentarfilm Der Aufritt an, wird man zunächst mit Begrifflichkeiten konfrontiert, die sich nicht einordnen lassen. Die Handlung ist zunächst ganz und gar unverständlich: Was meint der junge Mann, den die Kamera ins Visier genommen hat, wenn er von „weichen Faktoren“ spricht, von „Negativszenarien“ oder „Multithematisierungskampagnen“? Ohne Einführung, ohne Kommentar, ohne Vorstellung der sprechenden Person fühlt man sich dem Fachjargon hilflos ausgesetzt. Erst wenn nach einiger Zeit Entwürfe für das Logo „Eyedentity“ eingeblendet werden und das Wort Augenoptiker fällt, stellt sich ein Sinnzusammenhang her. Der Auftritt zeigt die Entwicklung einer Werbekampagne.
责任编辑:德语学术中心