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Der Untergang der "Lusitania" ist der Grund, warum die USA im Ersten Weltkrieg ihre neutrale Position aufgaben: Das Passagierschiff wurde am 7. Mai 1915 von dem deutsche U-Boot "U 20" mit einem einzigen Torpedoschuss versenkt.
Unter den rund 1200 Toten: 124 US-Amerikaner. Der Ort des Geschehens: in unmittelbarer Nähe der Hafenstadt Cobh an der südirischen Küste.
Damals hätten die Deutschen behauptet, erzählt Michael Martin, dass das Schiff neben den Passagieren auch Waffen und Sprengstoffe transportiert hätte. Der promovierte Historiker führt Touristen durch seine Stadt, erhält Geschichten und Legenden über die Seefahrt am Leben - und hat mit Cobh einen Ort gefunden, an dem Tragik und Ruhm eng beieinander liegen.
"Die Bewohner haben sich um die Überlebenden gekümmert, die hier an Land gebracht wurden", sagt Martin. In den Tagen nach dem Untergang der "Lusitania" beteiligten sie sich auch an der Suche nach den Toten. Für jede geborgene Leiche wurde ein Pfund Belohnung gezahlt, für Amerikaner das Doppelte. "Hätte jemand die Überreste des Multimillionärs Alfred Vanderbilt aus dem Wasser gezogen, er hätte 1000 Pfund erhalten. Doch niemand fand ihn."
Zu den rund 300 Überlebenden gehörte dagegen Frank Tower, der an Bord als Schmierer im Maschinenraum gearbeitet hatte und sich den Beinamen "Lucky Tower" erwarb: Immerhin hatte er schon den Untergang der "Titanic" und der "Empress of Ireland" überlebt.
"Titanic" auf ihrer letzten Reise
Beim Gang durch Cobh entdeckt man Schaufensterdeko mit berühmten Schiffen. In den Pubs hängen Schiffsfotos, und Glasfenster haben Schiffsmotive. Weil die Stadt so weit im Südwesten Irlands liegt, hat sich früher angeboten, hier vor Transatlantikreisen die Anker fallen zu lassen, erzählt Martin.
So konnten die Seeleute sich noch einmal bei ihren Reedern melden und letzte Anweisungen und Nachrichten empfangen. "Das galt besonders für die großen Frachtsegler, die keine Funkgeräte an Bord hatten." Hier gingen auch jene Iren an Bord, die in der Neuen Welt ein besseres Leben suchten. 1,3 Millionen Menschen wanderten während der großen Hungersnot im 19. Jahrhundert aus.
Bronzetafeln entlang Martins Route erklären, welche Beziehung eines der berühmtesten Schiffe der Welt zur Stadt hatte: Für die "Titanic" war es der letzte Hafen, den sie auf ihrer Jungfernreise anlief. Drei Tage später, am 14. April 1912, kollidierte sie mit einem Eisberg und etwa 1500 Menschen verloren ihr Leben. Die "Titanic" hat aber nie dort festgemacht, wo heute die großen Kreuzfahrtschiffe liegen. Jene Giganten, die inzwischen etliche Meter länger sind als das damals größte Schiff der Welt.
"Die großen Dampfer jener Zeit waren Postschiffe. Schnelle Atlantiküberquerungen waren deshalb für sie wichtig, den meisten Passagieren dagegen war es gleichgültig, ob sie einen halben Tag früher oder später ankamen. Es ging alles um die Post," erklärt Michael Martin. Das Anlaufen eines Hafens und Anlegen an einem Kai hätte zu viel Zeit gekostet. Stattdessen ließen die Schiffe schon vor der Zufahrt zum Cork Harbour ihre Anker fallen, Tenderschiffe brachten dann Post und Passagiere an Land.
Die Ära der Dampferfahrten über den Atlantik begann sogar im Hafen von Cobh: Im April 1838 lief die "Sirius" aus, das erste Dampfschiff, das den Atlantik ohne Segel überquerte und nach 18 Tagen und vier Stunden New York erreichte. Nur neun Jahre später strandete die "Sirius" an der südirischen Küste, 20 Menschen starben.
Eine warme Mahlzeit zum Schiffbruch
Wo die Tender einst anlegten, steht ein Gebäude, das immer wieder in Zusammenhang mit der "Titanic" abgebildet wird. Früher kauften hier die Passagiere Tickets für Atlantiküberquerungen und warteten darauf, an Bord der Zubringerschiffe gelassen zu werden.
Heute beherbergt es das Museum "Titanic Experience Cobh" - und wieder stehen Menschen Schlange. Diesmal, um die Multimediaanimationen rund um den einzigen Besuch des berühmten Schiffes zu sehen. Damals hieß die Stadt noch Queenstown, so benannt vor dem einzigen Besuch von Queen Victoria im Jahr 1849. Mit der irischen Unabhängigkeit 1922 erhielt die Stadt ihren Namen zurück.
Nicht nur tragische Schicksale erlebte die Stadt, mancher Schiffbruch ging auch glimpflich aus: So wie der der "Celtic" am 9. Dezember 1928. Sie scheiterte zwar an einer Klippe, als die Hafenstadt schon in Sichtweite war. Aber alle Passagiere überlebten, für manche war es allerdings die zweite Schiffskatastrophe innerhalb weniger Wochen.
Ihre erste Havarie lag erst knapp einen Monat zurück. Da hatte sich der Dampfer "Vestris", der am 10. November aus dem Hafen von New York in Richtung Europa ausgelaufen war, wegen eines technischen Fehlers in einem schweren Sturm auf die Seite gelegt und war schließlich gesunken. Von den 325 Menschen an Bord kamen 112 ums Leben.
Da verlief die Strandung der "Celtic" noch fast komfortabel: Das Schiff saß so fest auf den Klippen, dass den Passagieren noch eine warme Mahlzeit serviert werden konnte, bevor sie gerettet wurden.
Die Menschen in Cobh wissen also, wie gefährlich die See ist. Und alle anderen erinnert eine Bronzeplastik in dem kleinen Park vor dem Hotel Commodore daran. Eine "The Navigator" genannte Skulptur hält ein gebrechlich wirkendes Papierschiffchen in der Hand und wirkt sichtlich darum besorgt.
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