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Da oben liegt der alte Mann und stirbt. Wir haben ihn allein gelassen. Rasch hat Roger Kusch die Wohnungstür geschlossen, eilig sind wir die Treppe hinuntergegangen. Aus rechtlichen Gründen ist es sicherer zu gehen, solange der alte Mann noch bei klarem Bewusstsein ist. Sonst könnte es nach Auffassung einiger Juristen Probleme wegen unterlassener Hilfeleistung geben. Also hinaus. Auf der Treppe kommt uns eine Frau entgegen. Schnell vorbei, weiter die Treppe hinunter. Was wird die Frau später, wenn der alte Mann gefunden wird, der Polizei erzählen? "Darüber mache ich mir keine Sorgen", sagt draußen Kusch.
Über uns in der Wohnung hat Rudolf Meier (Name geändert, d. Red.) etwas getan, was Juristen "freiverantwortlichen Suizid in eigener Tatherrschaft" nennen. Kusch hat dabei geholfen. Er hat Medikamente, über die laut Kusch ein Arzt ein Rezept ausgestellt hatte, Meier zur Verfügung gestellt. Das ist keine Straftat. Laufen wir aber nicht davon wie Diebe in der Nacht? Ganz allein liegt Meier auf seinem Bett. Zwei leere Becher auf dem Nachttisch.
Roger Kusch ist Vorsitzender des Vereins Sterbehilfe Deutschland (StHD). Für einen Jahresbeitrag von 200 Euro kann ein Mitglied auf eigenen Wunsch und nach Prüfung der Voraussetzungen Suizidhilfe erhalten; rund 600 Mitglieder hat der Verein derzeit. Man kann auch einmalig fürs ganze Leben 2000 Euro zahlen. Für einmalig 7000 Euro gibt es die "Mitgliedschaft S". Bei ihr "bemüht" sich der Verein laut Satzung, "besonders zügig zu klären", ob die in den "ethischen Grundsätzen" von StHD genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählen Volljährigkeit, Einsichtsfähigkeit und die "Auseinandersetzung mit Alternativen" zur Selbsttötung, die Beschäftigung mit Möglichkeiten des Weiterlebens.
Meier ist nicht sterbenskrank. Das sind auch viele andere Sterbewillige von StHD nicht. Rund die Hälfte der 41 vom Verein im Jahr 2013 begleiteten Suizide wurden von Menschen verübt, die nicht an einer rasch zum Tod führenden körperlichen Krankheit litten. Vielmehr hatten sie entweder jahrzehntelange schwere Depressionen oder, wie Meier, Altersbeschwerden, denen sie aus Angst vor dem Pflegeheim nicht weiter ausgesetzt sein wollten.
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