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Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel (SPD), will die Deutschen nicht zum Energiesparen zwingen. "Energieeffizienz kann nicht verordnet werden", heißt es in dem Entwurf zum "Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz" (NAPE), der der "Welt" vorliegt.
Stattdessen plant die Bundesregierung einen "intelligenten Mix aus Fördergeldern, Beratung, Kommunikation und Aufklärung über lohnende Effizienzmaßnahmen". Insgesamt handele es sich um "einen Instrumentenmix, der Lust auf Energieeffizienz macht".
Mit diesem Aktionsplan will die Bundesregierung den deutschen Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent gegenüber 2008 verringern. Dieses bereits im Energiekonzept des Jahres 2010 formulierte Ziel sei "weiterhin Grundlage und Bezugspunkt für die Politik der Bundesregierung", heißt es in dem Papier.
Der Versuch, die Energieeffizienz in Deutschland ohne staatlichen Zwang zu verbessern, ist ordnungspolitisch begrüßenswert, andererseits aber sportlich ambitioniert: Nach neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist der Energieverbrauch privater Haushalte trotz aller Sparappelle im vergangenen Jahr deutlich um 3,9 Prozent gestiegen.
Das EU-weit verhängte Verbot der letzten 25- und 40-Watt-Glühbirnen im Herbst 2012 hat demnach nicht zu einer Senkung des Energieverbrauchs in Deutschland geführt. Tatsächlich verzeichneten die Statistiker für das Jahr 2013 den ersten Verbrauchsanstieg seit 2005.
Am stärksten kletterte binnen eines Jahres der Verbrauch von Heizenergie mit einem plus 4,6 Prozent und Warmwasser, mit einem Plus von 3,9 Prozent. Hauptgrund: Die Zahl der Haushalte ist gestiegen, weil mehr Menschen allein leben.
Möglicherweise hätten die Sparanstrengungen der Verbraucher auch etwas nachgelassen, da der Ölpreis gegenüber dem Vorjahr gesunken und der Gaspreis nahezu konstant gewesen sei, hieß es beim Statistischen Bundesamt. Heizen ist mit einem Anteil von 70,2 Prozent der größte Energieverbraucher in den Haushalten.
Auch der Energieverbrauch bei klassischen Hausarbeiten wie Kochen, Trocknen, Bügeln, Waschen stieg. Beim Fernsehschauen, surfen im Internet, Telefonieren oder Staubsaugen verbrauchten die Bundesbürger ebenfalls mehr Energie als im Jahr zuvor. In vielen Wohnungen stehen mehr elektrische Geräte, die nach Angaben der Statistiker oft länger genutzt werden.
"Bruttoregistertonnen-Mentalität" statt Effizienzbewusstsein
Trotz des Anstiegs in allen Bereichen lag der Gesamtenergieverbrauch mit 678 Milliarden Kilowattstunden immerhin noch um 2,5 Prozent unter dem des Jahres 2005.
Den aktuellen Verbrauchstrend will die Bundesregierung bis zum Jahr 2020 brechen. Schon im "Energiekonzept" aus dem Jahre 2010 nannte die Bundespolitik die Steigerung der Energieeffizienz einen wichtigen Teil der Energiewende. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel erklärte kürzlich, es müsse jetzt endlich gelingen "den schlafenden Riesen des Klimaschutzes aufzuwecken".
Der Bundeswirtschaftsminister hofft, dass die Steigerung der Energieeffizienz aus wirtschaftlichen Gründen zu einem Selbstläufer wird, der nur durch staatliche Anreiz- und Informationsprogramme unterstützt werden muss. Denn es rechne sich bei dem jetzigen Zinsniveau eher, in Effizienztechniken zu investieren als Geld am Kapitalmarkt anzulegen.
"Gerade bei kleineren und mittleren Unternehmen können Rentabilitäten von Energieeffizienzinvestitionen bei bis zu 25 Prozent liegen", heißt es im NAPE-Entwurf. "Dies zeigt deutlich, welches riesige Potenzial in der Steigerung der Energieeffizienz liegt." Es komme jetzt nur darauf an, "die Möglichkeiten und Chancen für alle gesellschaftlichen Akteure aufzuzeigen und das Engagement für Energieeffizienz positiv zu belegen."
Erstmals will die Bundesregierung über wettbewerbliche Ausschreibungen Fördergelder vergeben: Wer gesetzte Effizienzziele mit dem geringsten Mitteleinsatz erreicht, soll den Zuschlag bekommen.
Bei Haussanierung winkt Steuerersparnis
Ebenso soll die energetische Effizienz im Häuserbestand deutlich verbessert werden. Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich sollen künftig steuerlich abgeschrieben werden können. Dies werde "Wohnungseigentümer animieren, gezielt nach Effizienzpotentialen zu suchen, die nicht nur ihnen, sondern im Falle von vermieteten Objekten über sinkende Energiekosten auch den Mietern zugutekommen."
Über eine steuerliche Abschreibung von Energiespar-Investitionen im Gebäudebereich verhandelt die Politik schon seit Jahren. Zuletzt waren die Vorstöße der Umweltpolitiker stets an den Vorbehalten des Bundesfinanzministers oder an Länderegoismen im Bundesrat gescheitert. Befürworter der steuerlichen Abschreibungsmodelle argumentieren, dass der Verlust an Steuereinnahmen durch volkswirtschaftliche Wachstumseffekte mehr als ausgeglichen werden.
Der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz aus dem Bundeswirtschaftsministerium soll gemeinsam mit einem inhaltlich verzahnten "Aktionsplan Klimaschutz" des Bundesumweltministeriums am 3. Dezember vom Bundeskabinett verabschiedet werden.
Nicht nur für den Klimaschutz, auch volkswirtschaftlich misst die Bundesregierung der Steigerung der Energieeffizienz hohe Bedeutung bei. So lagen die Ausgaben für den gesamten Endenergieverbrauch in Deutschland zuletzt bei rund 356 Milliarden Euro. "Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt entspricht dies einem Anteil von rund 13,5 Prozent", heißt es im NAPE-Entwurf: "Energieeffizienz-Maßnahmen tragen zur Senkung dieser Energieausgaben bei."
"Wenn die Bundesregierung es wirklich ernst meint mit der Energieeffizienz, muss sie für die Maßnahmen wie steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung und wettbewerbliche Ausschreibungen in den laufenden Haushaltsverhandlungen aber ausreichende Mittel bereitstellen und die Maßnahmen auch zügig umsetzen", kommentierte Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen die Vorhaben. "Sonst bleibt es wie bisher in der Effizienzpolitik nur bei warmen Worten."
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